Podium und Bürgerdialog: Windkraft im Wald

Am 21. Juni 2024 hat die Heidelberger Energiegenossenschaft am DAI eine Podiumsdiskussion mit Vortrag und Bürgerdialog zum Thema „Wind im Wald“ veranstaltet. Es kamen über 130 Menschen ins „Haus der Kultur“ in der Sofienstraße, um sich über Windkraft zu informieren und ihre Fragen zu stellen.

Eingeladen auf dem Podium waren neben dem Klimabürgermeister der Stadt Heidelberg, Raoul Schmidt-Lamontain, Dr.-Ing. Amany von Oehsen, die als Umweltberaterin des BUND Heidelberg tätig ist, sowie Andreas Markowsky, Gründer und Geschäftsführer des Windkraft-Projektierers Ökostromgruppe Freiburg. Zur Eröffnung sprach HEG-Vorstand Nicolai Ferchl. Die Kernfrage des Abends: Wie sind Klimaschutz und Artenschutz bei Windenergieprojekten, insbesondere im Wald, vereinbar? Es war ein Abend mit großer Faktendichte, Zahlen und Diagrammen, aber erwartungsgemäß auch mit einer emotionalen Diskussion. Eine Aufzeichnung der Veranstaltung hat das DAI auf ihrem youtube-Kanal veröffentlicht

Der Status Quo macht ein Handeln erforderlich

Klar ist: Für die Zukunft einer klimafreundlichen Energieversorgung in Heidelberg und Umgebung ist der Ausbau der Windenergie ein zentraler Baustein. Spätestens seit den Plänen des Landes, auf dem Lammerskopf Windkraftanlagen errichten zu lassen, wird das Thema deshalb auch in Heidelberg viel diskutiert. Bei der Eröffnung des Abends gab HEG-Vorstand Nicolai einen Überblick zum Stand der Energiewende in Deutschland und zeigte, wie stark der Windkraft-Ausbau gerade auch im Süden des Landes hinter den Zielen bleibt und warum er gerade dort besonders wichtig ist. Dabei ging er unter anderem auf den Waldzustandsbericht ein und zeigte auf, dass das Waldsterben allein in einem Jahr mehr Bäume das Leben gekostet hat als der gesamte zur Energiewende nötige Windkraftausbau an Baumfällungen bräuchte.


Auch Heidelberg will Verantwortung für die Energiewende übernehmen

Klimabürgermeister Raoul Schmidt-Lamontain ging in seinem Kurzvortrag darauf ein, warum Heidelberg auf Windenergie nicht verzichten kann. Er ordnete dazu das Thema im Kontext der Ziele der Kommune ein, bis 2040 klimaneutral zu sein und bilanzierte: Um den aktuellen Strom-Bedarf von 715 gWh pro Jahr zu decken, bräuchte man 46 große Windräder oder 600 Fußballfelder Photovoltaik. Mit der anstehenden Dekarbonisierung zum Beispiel des Verkehrssektors wird der Energiebedarf perspektivisch noch steigen und gerade auch für die Wärmeversorgung in der Zukunft ist die Energie aus Windkraft essentiell. Der Klimabürgermeister wies auf die bewusste Entscheidung für ein regionales Konsortium aus genossenschaftlichen und kommunalen Entwicklern zur Umsetzung des Projekts hin, und erläuterte, wie der weitere Prozess zur Planung nach dem Regionalplanverfahren aussieht. Verschiedenste Fragen werden auch auf der FAQ-Seite der Stadt Heidelberg beantwortet.


Wald ist nicht gleich Wald

Die Perspektive des Arten- und Naturschutzes vertretend, referierte Amany von Oehsen dazu, dass bei der Standortwahl für Windkraftanlagen ein besonderes Augenmerk auf bedrohte Arten in den jeweiligen Gebieten geworfen werden sollte, und betonte immer wieder, dass sie Windkraft nicht per se ablehne. Das FFH-Schutzgebiet auf dem Lammerskopf ist eine Region, wo die bedrohte Art der Mopsfledermaus geschützt wird. Die Umweltberaterin kritisierte, dass ein Artenhilfsprogramm nicht wie vom Bund ursprünglich versprochen ausgearbeitet worden ist und stattdessen die Auflagen zum Artenschutz gelockert worden sind. Am Ende ihres Vortrags präsentierte sie eine vom BUND 2022 in Auftrag gegebene Klimastudie zu geeigneten Standorten für Windkraft, die das Thema Natur- und Artenschutz besonders berücksichtigt. Als große Schwierigkeit nimmt sie die Festlegung der Regierung wahr, dass jede Region 2 Prozent ihrer Fläche ausweisen muss, auch wenn manche Regionen wesentlich mehr Windhöffigkeit bei geringerer Beeinträchtigung der Natur aufweisen als andere.


Wer Windkraft im Wald baut, ist zu Naturschutz-Maßnahmen verpflichtet

Andreas Markowsky hat erlebt, wie wichtig Informiertheit der Bevölkerung für ihre Akzeptanz von Windenergie ist: „Je mehr die Menschen über Windkraft wissen, desto mehr sind sie dafür“, sagt er, der über 20 Jahre Erfahrung in der Projektierung von Windkraftanlagen im Wald im Gepäck hat. Er brachte viele konkrete Beispiele vor, die zeigen, wie der Wald von einem Windenergie-Projekt sogar profitieren kann. Er sprach von Ausgleichsmaßnahmen wie dem Aufhängen von Fledermauskästen an Altbäumen und der Auflage, eine Aufwertung des Waldes, also zum Beispiel den Umbau einer Monokultur zum Mischwald vorzunehmen oder einen Tümpel anzulegen als Ausgleich zur Baumfällung.  Rücksicht werde auch darauf genommen, möglichst wenig Eingriffe in die Natur machen zu müssen: etwa indem man versucht, bestehende, bereits ausgebaute Wege zu nutzen, Biotope auszulassen und speziell Altbäume nicht zu fällen. Die etwa 100 Auflagen, die auf die Windkraft-Planer zukommen, betreffen mehrheitlich den Naturschutz und werden laut Markowsky von den Genehmigungsbehörden streng geprüft.  


Zwischen Chancen und Befürchtungen

In der von der HEG-Werkstudentin Nila Gengatharan moderierten Podiumsdiskussion ging es dann noch stärker ins Detail: Wie sind die Ausgleichsmaßnahmen zu bewerten? Wie individuell sind die einzelnen Projekte in den unterschiedlichen Standorten? Wie individuell sind FFH-Schutzgebiete? Wie und welche Prüfungen, Dialoge und Verfahren finden im Vorfeld statt und wie können alle Parteien gemeinsam an einem Strang ziehen? Im Anschluss an die Podiumsdiskussion wurde der Raum für Fragen aus dem Publikum geöffnet. Diese betrafen Punkte wie etwa die Beeinträchtigung der Bevölkerung durch Windkraftanlagen im Wald und es gab vermehrt kritische Reflexionen dazu, ob Windkraft in der Ebene nicht ähnlich effizient und mit stärkerer Akzeptanz umsetzbar wäre.



Zubau? Ja! Das „Wie“ bleibt die Frage

Wir bedanken uns beim DAI für die gute Zusammenarbeit und Organisation des Abends und bei allen interessierten Menschen, die an der Veranstaltung teilgenommen haben. Zur Teilhabe der Bürger:innen an der Energiewende gehört auch das Mitreden-Können. Wir wissen: Gerade bei solch kontroversen Themen wie dem Windkraft-Ausbau, ist es wichtig, Menschen sowohl die relevanten Informationen zugänglich zu machen als auch ihnen eine Plattform zu bieten zur Äußerung von Bedenken und Zustimmung. In Sachen Windkraft, gerade im Wald, gibt es sicherlich auch in Zukunft noch Gesprächsbedarf. Wir hoffen, mit der Veranstaltungen und unseren Bemühungen, Bürger:innen in den Prozess miteinzubeziehen, gezeigt zu haben, dass die Zuständigen die Komplexität der Herausforderungen sehen, ernst nehmen und, etwa im Rahmen des Projektbeirats für den Lammerskopf, zu diesen Themen stetig untereinander im Austausch stehen.

Die HEG setzt mit den Investitionen von Bürger:innen in Heidelberg und Umgebung immer wieder neue Energiewende-Projekte um und ist auch bereits an Windkraft-Projekten in der weiteren Region beteiligt. Wenn auch Sie als Unterstützer:in aktiv werden wollen, können Sie jetzt als Mitglied und über die Zeichnung eines Nachrangdarlehens mitmachen und vom Ausbau der Erneuerbaren Energien in Ihrer Region profitieren.

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